Grussworte

Grusswort von Lukas Kundert

25 Jahre lesbisch-schwule Basiskirche in der Offenen Kirche Elisabethen, Basel

Grusswort von Pfr. Dr. Lukas Kundert, Kirchenratspräsident der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons Basel-Stadt

Liebe Frauen und Männer

Lesbisch und schwul und Basis und Kirche – das sind gleich vier Begriffe, die eine Menge an Spannung und Spannendem in sich tragen. Zuerst lesbisch und schwul: Die zwei Wörter sind erst gerade etwa zweihundert Jahre alt. Sie sind in unsere Sprache eingeführt worden, als auch der Begriff Sexualität aus der Botanik in die deutsche Sprache aufgenommen wurde. Der Hintergrund war das aufklärerische Interesse, über die biologischen und zoologischen Bedingungen der Geschlechtlichkeit als einer Voraussetzung für die Fortpflanzung nachzudenken. Die davon abgeleiteten Begriffe Homo- und Heterosexualität tragen als Vorstellungskonglomerate folglich eine Enge in sich, die an die Aufklärung gebunden ist. Und gegen diese Enge wehren Sie sich zu Recht, wenn Sie sagen, dass Sie nicht über die Fortpflanzungspräferenzen anderer definiert werden wollen. Ihre Liebe zu Ihrer Frau oder Ihrem Mann erleben Sie unter ganz anderen Vorzeichen, und das wollen Sie auch benennen. Darum: „Lesbisch“ und „schwul“.

Gleichzeitig mit der Aufklärung ist die gesellschaftliche Ächtung von schwuler und lesbischer Liebe als „unnatürlich“, „schädlich“, „abartig“ in unseren Breitengraden heimisch geworden. Das war vorher nicht so. In voraufklärerischer Zeit war die „Ordnung“ durch die Stände geregelt, nicht durch sogenannt „geordnete“ Fortpflanzungspräferenzen. Die bürgerlich-aufgeklärte Gesellschaft aber, die sich über die kalte Ratio zu begründen versuchte, forderte ihre Opfer, nämlich die, die vermeintlich nicht rational handeln oder sind. Das geschah übrigens gleichzeitig, als der moderne Antisemitismus entstand, nämlich als „vernünftiger“ Rassismus: Diffamierend, hasserfüllt und mörderisch, so, wie der Umgang mit Schwulen und Lesben. Kirchliche Kreise haben sich von dieser Form der Bürgerlichkeit ebenso einnehmen lassen, wie die Universitäten, Schulen und der Staat. Was als aufklärerisch vernünftig erkannt wurde, wurde mit viel Pathos als „ewige Wahrheit“ behauptet und als Befreiung des (meist männlich gedachten) Bürgers gefeiert. Das hatte allerdings zur Folge, dass Schwule, Lesben, Frauen, aber auch Sinti und Roma, Jüdinnen und Juden und viele andere, als krank identifiziert und damit aus den Grenzen der anerkannten Normalität ausgeschlossen wurden.

Frank Lorenz hat in einem eindrücklichen Plädoyer im Kirchenboten eine Inklusionsidee formuliert, wie „gute“ Religion erkennbar wird: Nämlich dann, wenn sie diese Ausgrenzung nicht mitmacht. Ich will es so sagen: Kirche ist dort, wo Liebe so gelebt wird, wie wir sie aus dem Buch Rut kennen. Da haben lesbische Liebe und Fortpflanzungsliebe nebeneinander Platz. Oder in den Samuelbüchern: Da sind schwule Liebe und Fortpflanzungsliebe gleichermassen daran beteiligt, dass die Grundlagen für die messianische Königslinie gelegt werden können.

Dass sich das im Abendland nicht als Standard durchsetzen konnte, hat mit der römischen Moral und deren Herrschaftsvorstellungen zu tun. Die römische Moral hatte mit schwuler Liebe Mühe, nicht aber mit der lesbischen Liebe. Das hat damit zu tun, dass es für Römer unwürdig schien, wenn im Liebesakt ein Mann unten liegt. So simpel war das. Deswegen war allerhöchstens die Liebe zwischen Mann und Knabe anerkannt (weil Knaben nicht als Männer/Menschen, sondern als Sachen galten), nicht aber zwischen Mann und Mann. Das ist ein römischer Herrschaftsdiskurs, der leider fast telquel von den germanischen, gotischen, alemannischen, fränkischen, englischen und sächsischen Moralsystemen übernommen wurde. Meines Wissens aber nicht so sehr im griechischen christlichen Osten.

Heute sind wir zum Glück befreit von diesem Herrschaftsdiskurs. Liebe, Fortpflanzung, Individualitätsbildung, Neigung, Rollenverteilungen, Gesellschaftsmythen und vieles mehr sind nicht mehr in derselben Weise mit Herrschaftsfragen verknüpft, wie es noch vor 50 Jahren der Fall war. Wir sind froh darüber. Sie, liebe Frauen und Männer, haben mit ihrem Mut, zu Ihrer Liebe zu stehen, dazu beigetragen, dass sich auch die Kirche als Institution aus diesen alten Herrschaftsdiskursen verabschieden konnte. Die reformierte Kirche kennt heute schwule und lesbische Pfarrer und Pfarrerinnen. Schwule und Lesben haben Zugang zu allen Ämtern in der Kirche, auch wenn sie zu ihrer Liebe stehen. Dazu, dass das heute (fast)
selbstverständlich ist, haben Sie, liebe Frauen und Männer, beigetragen. Zugleich gilt aber, was ein Synodale kürzlich prägnant gesagt hat: Wer Frauen in alle Ämter zulässt, wer Schwule und Lesben nicht diskriminiert, wem Jüdinnen und Juden nicht als defizitär gelten, gehört noch immer zur Avantgarde, und Avantgarde kann nicht Mehrheit sein. Ich meine, dass Kirche als Nachfolge Christi generell nicht Mehrheit sein kann. Eine Basiskirche schon gar nicht. Denn wer seinen oder ihren Glauben lebt, wer zur ganz anderen Wirklichkeit als die der Gesetze der Welt hält, wird avantgardistisch sein.

Danke, dass Sie hier sind. Danke, dass Sie, liebe Schwestern und Brüder, Christus nachfolgen und mit uns zusammen für ihn einstehen und für seine Botschaft, die an Weihnachten wieder zur Welt kommen will: Dass wir nämlich frei aller Attribute und Wertungen vor Gott schön sind. Wunderschön. Im Namen des Kirchenrats der ERK: Danke!

Gelesen am 18. Dezember 2016


Grusswort von Christoph Sterkman

Geschätzte Mitglieder der Lesbisch-Schwulen Basiskirche,  Verehrte Anwesende

Ich darf an Ihrer Jubiläumsfeier als Vertreter der Römisch-katholischen Kirche ein paar Worte an Sie richten. 25 Jahre Lesbisch-Schwule Basiskirche:

1. Anerkennung und Respekt

Zunächst darf ich Ihnen meine Anerkennung und meinen Respekt bekunden: für Ihr Durchtragen und für Ihre sensible Glaubenssuche, für Ihre Glaubenserfahrungen. Ich erinnere mich an wertschätzende Worte unseres damaligen Dekans Hans Pfeifer, der in den Anfängen auch ab und zu Gottesdienste mit Ihrer Gemeinschaft feierte. Ich war damals Vikar, dann Pfarrer in St. Anton und eigentlich sehr weit entfernt von Ihrer Realität. Doch die Weise, wie Dekan Pfeifer über die „schwul-lesbische Basisgemeinde“ gesprochen hat, hat meinen Respekt bis heute grundgelegt.

2. Dank und Ermutigung

Es war sicher eine mutige Entscheidung damals. Ich darf Ihnen den Dank unserer Kirche aussprechen für diesen Mut und auch dafür, dass in schwierigen Momenten Personen aus Ihrer Mitte erstanden sind, die Verantwortung übernommen haben. Und ich möchte Sie ermutigen: Machen Sie weiter. Lassen Sie sich nicht entmutigen.

3. Haltung der Röm.-kath. Kirche

Ich will nicht verschweigen, dass es die Römisch-katholische Kirche den schwulen und lesbischen Katholiken nicht immer leicht gemacht hat. Es besteht die Spannung zwischen der Wertschätzung gegenüber den Personen mit homosexueller Orientierung und der Beurteilung von homosexuellen Handlungen als in sich nicht in Ordnung. Dazu kommen gewiss auch manche diffusen Ängste und Vorbehalte, denen Sie bei Menschen in unserer Kirche begegnen.

Gerade angesichts solcher Herausforderungen und Realitäten ermutige ich Sie, weiterzumachen in der Glaubenssuche und in der gemeinschaftlichen Feier des Glaubens.

Letztlich stehen wir Seite an Seite im Ringen um unsere Identität als Menschen und Christen, im Ringen um Integration unserer Affektivität in unsere Persönlichkeit und um Wahrhaftigkeit. Niemand kann von sich behaupten, in dieser Hinsicht anderen die Nase vorn zu haben.

Und ich darf Ihnen zum Schluss auch sagen, dass die Röm.-kath. Kirche in diesen Jahren kleine Akzentverschiebungen bei der Gewichtung von Lehre und Person vorgenommen hat. Papst Franziskus hat nicht nur den bekannten Ausspruch gemacht: „Wer bin ich, dass ich urteile?“ Er drängt auch dazu, dass sich die Kirche in Bewegung setzt. Und so finde ich als Ergebnissicherung in seinem Apostolischen Schreiben zum Abschluss des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit folgende bedeutsame Aussage, die ich Ihnen und uns allen gerne mit auf den Weg gebe:

„Die Barmherzigkeit kann nämlich im Leben der Kirche nicht blosser Einschub sein, sondern sie ist ihr eigentliches Leben, das die tiefe Wahrheit des Evangeliums deutlich und greifbar werden lässt. Alles wird in der Barmherzigkeit offenbart; alles wird in der barmherzigen Liebe des Vaters gelöst.“

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

Christoph Sterkman

Gelesen am 18. Dezember 2016


Grusswort von Urs Mattmann

Liebe LSBKler, liebe Festgemeinde,

Die Zeit vergeht. Mein Lebenspartner Emmanuel Grassi und ich sind nun 30 Jahre zusammen und ich höre, dass die LSBK ihr 25. Jubiläum feiern kann!

Kaum zu glauben dass es schon ein Viertel Jahrhundert her ist, seit der Gründung der LSBK. Ich habe klare Erinnerungen wie Frank Lorenz, Matthias Hoch, Paul Strahm, Ewald Merkelbach, Emmanuel und ich uns im Pfarrhaus der Elisabethenkirche im Herbst 1991 trafen, um die LSBK ins Leben zu rufen. Wenig später fand der erste Gottesdienst im Kappellenraum dieses Hauses statt und dann er Umzug in die Elisabethenkirche. Die Gottesdienste fanden dann jeden Monat statt, gaben Anlass zu gesunden Kirchenkontroversen und fanden regen Anklang.

Daraufhin wurde auch der Trägerverein gegründet und ich durfte bis ins Jahr 2000 als erster Präsident walten. Es würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen, in alle Details der LSBK-Geschichte einzugehen, ich habe zudem in meinem Buch COMING IN – Spiritualität für Schwule und Lesben einiges von der Geschichte Geist, Vision und Praxis der LSBK festgehalten.

Es freut mich dass die LSBK weiterhin feiern kann, In all den Jahren haben sie Lesben und Schwulen und anderen Menschen geholfen, sexuelle Orientierung, Christlicher Glaube und spirituelles Praxis miteinander zu versöhnen und zu feiern.

Emmanuel und ich können leider heute nicht unter Euch sein. Wir mussten unseren weihnachtlichen Familienbesuch in der Schweiz früher machen mit einem guten Grund. Ich leite gerade an diesem jetzigen Wochenende eine Retraite für Schwule und Lesben in einem Einkehrzentrum in England. Ich wünsche Euch aber einen bewegenden Festgottesdienst und viele weitere Jahre der einladenden, inspirierenden und Mut machenden Präsenz in der Offenen Kirche Elisabethen.

Viele liebe Grüsse von mir und Emmanuel aus London und Frohe Weihnachten.

Urs Mattmann

Gelesen am 18. Dezember 2016


Grusswort von Susanne Andrea Birke

Die Engel haben keine Flügel.
Sie kommen zu dir in ihren eigenen Kleidern.
Sie haben gelernt, dich zu lieben,
und werden weiterhin kommen – es sei denn, du bestehst auf Flügel.

the angels have no wings
they come to you wearing their own clothes
they have learned to love you
and will keep coming – unless you insist on wings

Lucille Clifton

Von Engeln begleitet!

25 Jahre LSBK Basel

25 Jahre, in denen sich unglaublich viel bewegt hat, in denen an vielen Orten viele Engel am Werk waren. Vor 25 Jahren brachen hier Menschen auf, um einen Raum zu schaffen für sich und andere, um ganz zu werden als schwule und lesbische Christ_innen. Sie brachen auf, um einander zu stärken, den eigenen Platz einzunehmen und ihre Gaben und Charismen in der Kirche einzubringen.

Dieser Aufbruch und die kontinuierliche Arbeit haben einen wichtigen Ort für viele Menschen geschaffen, an dem sie auftanken und sich austauschen können und auch dazu beigetragen, dass sich das Gesicht der Kirchen verändert hat. In einigen sind wir als Schwule und Lesben in der Kirche angekommen. Als Römisch-Katholikin liegt da noch ein längerer Weg mit meiner Weltkirche und auch der Schweizer Kirche vor mir. Aber auch hier kamen Dinge in Bewegung, die ich mir damals nicht hätte vorstellen können. Ich habe grosse Freude daran, dass sich das Bistum Basel mit dem Arbeitskreis Regenbogenpastoral auf diesen Weg macht. Die LSBK darf mit Stolz zurückschauen. Schön, dass es euch gibt, und dass ihr Engel für andere wurdet. Mögen euch die Engel weiterbegleiten!

Susanne Andrea Birke, Arbeitskreis Regenbogenpastoral Bistum Basel.

Gelesen am 18. Dezember 2016