Die Wahrheit unterm Feigenblatt

Die Diskussion über den Umgang mit Homosexuellen hat längst auch den Vatikan erreicht. In Priesterseminaren und Klöstern wird offen über Schwule in der katholischen Kirche gesprochen. Ein Tabu beginnt zu fallen.

Von ANDREAS ENGLISCH

Eine Sensation ereignet sich dieses Frühjahr im Vatikan. Der Kirchenstaat unternahm nichts, um sie zu verbergen: Marco Politi (51), einer der handverlesenen Journalisten, die die Ehre haben, den Papst in seinem Flugzeug begleiten zu dürfen, ihn mit dem Segen des Kirchenstaates interviewen und regelmäßig sprechen zu können, dieser Politi brachte ein Buch über die sexuellen Exzesse homosexueller katholischer Priester heraus. Das Buch erzählt hemmungslos sexuelle Eskapaden. In der Branche setzte niemand mehr einen Pfifferling auf die Karriere Politis. Doch das Unfassbare geschah: Der Vatikan bedankte sich für Politis Arbeit, der als Erster über ein Netzwerk von Selbsthilfegruppen homosexueller Priester berichtete.

Die katholische Kirche nähert sich auf der ganzen Welt langsam und vorsichtig einem Tabu-Thema: Homosexualität. Der Kirchenstaat wird gezwungen, nicht mehr wegzuschauen, immer mehr Priester an der Basis in den fünf Kontinenten wollen offen über Homosexualität reden, die Zeiten, als der Vatikan so tun konnte, als gäbe es das Thema nicht, sind vorbei.

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Spitzerstudie, Amsterdam-Studie, etc. – was steht dort wirklich (nicht)?

Kürzlich erklärte sich die Bundesleitung der Freien Evangelischen Gemeinden für ihren Verband erneut zum Thema Homosexualität: in der Gemeinde darf man allenfalls homosexuell sein, aber nicht homosexuell leben (idea-Spektrum-Meldung dazu: «Homosexuelle sollen umkehren». Unter anderem berief man sich dabei auf die «Ergebnisse der Humanwissenschaften». Zitat: «Die neue «Spitzer-Studie»…, an der 200 hoch motivierte Personen mit dem Wunsch nach Veränderung teilnahmen, zeigt: Vor der therapeutischen Begleitung sehnten sich 78% (Männer) bzw. 81% (Frauen) erotisch-sexuell nach einem Menschen gleichen Geschlechts, nach der Therapie waren dies nur noch 8% … bzw. 4%».[1]

Mal wieder wurde hier – teils sicher aus Unkenntnis, aber teils sicher auch bewußt trotz Kenntnis – ein wissenschaftliches Ergebnis völlig verdreht, daran anknüpfend aber ein Grundsatzpapier verfaßt, das wieder für Jahre den Homosexuellen in den FEG’s verwehrt, das zu leben, was sie sind: homosexuell und Christ. Von daher will ich hier noch einmal in Kürze auf die leidige Studiendiskussion eingehen. (Ausführliches zur Spitzer-Studie bereits in «Wie allwissend ist Wissenschaft im Namen des Allmächtigen?»)

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Wiederholt sich die Geschichte?

Der US-anglikanische Bischof John Shelby Spong zum Thema Homophobie

«Diejenigen, die nicht aus der Geschichte lernen, sind dazu verdammt, sie zu wiederholen.» Diese Worte des Philosophen George Santayana sind erschreckend wahr.

Kürzlich habe ich wieder mal betrachtet, was mit den Juden im christlichen Europa in den 30er und 40er Jahren des 20. Jahrhunderts geschah und verglich es mit dem, was meiner Ansicht nach heutzutage den Homosexuellen in den Vereinigten Staaten widerfährt. Die Ähnlichkeiten sind sowohl erschreckend als auch furchterregend. Damit wir uns nicht als schuldig erweisen, nicht aus der Geschichte gelernt zu haben, erlauben Sie mir, diesen antisemitischen Horror des letzten Jahrhunderts zum Zweck des Vergleichs zu rekapitulieren.

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Ein Dokument der Angst

EinSpruch! Viele Jahre brauchte ichum meine Homosexualität anzunehmenzu lange war ich ausser mirliess mich beeindruckenvon lebensverneinenden Glaubensaussagen Viele Jahre war meine Seele tief zerstörtweil ich nicht auf meine Herzensstimme horchtezu lange war ich auf der Flucht vor mir selberliess mich beirren von der Zusageeine Fehlform der Schöpfung zu sein Seit vielen Jahren bete ich täglich … mehr lesen

«Wir waren einfach da»

Rückblick auf die Gemeinden-Tage in Frankfurt
aus «Werkstatt Schwule Theologie Nr. 1/2002»

Von Marek Mackowiak

Am ersten Wochenende dieses Jahres trafen sich Vertreter und Vertreterinnen von fünf Gottesdienstprojekten des deutschsprachigen Raumes in Frankfurt am Main: Gottesdienstprojekte aus Basel, Frankfurt, Münster, Nürnberg und Stuttgart, welche von Schwulen und Lesben initiiert worden sind und hauptsächlich von ihnen am Leben erhalten werden.[1]

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Von Gerechtigkeit und der Fülle des Lebens

«Lust an der Liebe»

Der Gott, von dem es beim Propheten Hosea heisst, dass er «Lust an der Liebe» habe (Hos 6, 6), ist ein Gott mit der Option für das Leben, die Liebe, die Gerechtigkeit. Das Evangelium erzählt zuerst und zuletzt von der «Erwählung der Schwachen» und der Selbstidentifikation des menschenfreundlichen Gottes (vgl. Tit 3, 4) in Jesus Christus mit den gesellschaftlich und religiös diskriminierten und an den Rand gedrängten Menschen.

Das Evangelium von der «Fülle des Lebens» zielt auf menschliche Beziehungen, in denen gilt: Keine Herrschaft des einen über den anderen, gemeinsamer Besitz an Lebensmöglichkeiten und geteilte Hoffnung auf ein Leben in Gerechtigkeit für alle, eine Verheissung und Sprache, die alle einschliesst und von allen verstanden wird.

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In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen

Begegnung mit der «Schwulen und lesbischen Basiskirche»

Vre Amberg im Basler Kirchenboten Nr. 10, Mitte Mai 1994

Erklärung des Kirchenrats zur «Schwulen und lesbischen Basiskirche» in der gleichen Ausgabe

Unter dem Dach der reformierten Basler Kirche und als Teil des Projektes «Offene Kirche Elisabethen» treffen sich einmal im Monat homophile Christen und Christinnen zu einem ökumenischen Gottesdienst, der von Laien vorbereitet, gestaltet und unter ein Thema gestellt wird.

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Das Ende des Schweigens

Homosexualität und die Ignoranz der Kirchenleitung

Aus dem «Aufbruch» Nr. 93 2/2000

Es gibt weit mehr schwule Seelsorger, als die Bischöfe wahrhaben wollen. Doch das Problem wird konsequent ausgeblendet. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, ignoriert die Kirchenleitung die aktuellen Erkenntnisse der Humanwissenschaften – und grenzt damit die eigenen Mitarbeiter aus.

Von Benno Bühlmann

Noch selten hat ein Artikel im amtlichen Organ der Schweizer Bischöfe die Gemüter – innerhalb wie ausserhalb der Kirche – derart bewegt, wie dies unlängst geschehen ist: In der Schweizerischen Kirchenzeitung (SKZ) vom 27. Januar hatte der Theologe Gianfranco Christen, Präsident des Vereins «Adamim» für schwule Seelsorger in der Schweiz, das Schweigen gebrochen. In seinem Bericht über «Kirche und schwule Seelsorger» wies er auf eine Problematik hin, die von den Schweizer Bischöfen bisher kaum wahr- und ernst genommen wurde.

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Wer hat Angst vor homosexuellen Lebenspartnerschaften?

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Von Benedikt Vogel, Berlin

Tagesthema 14. Juli 2000

Gut 200’000 Schwule und Lesben leben in der Schweiz. Viele davon in festen Partnerschaften. Die Ehe aber ist Mann und Frau vorbehalten. In Deutschland will die rot-grüne Koalition Homosexuellen jetzt ermöglichen, ihre «Lebenspartnerschaft» beim Standesamt eintragen zu lassen, gepaart mit eheähnlichen Rechten. Ein Signal für die Schweiz?

1989 fiel die Mauer. Nicht nur in Berlin, auch in Kopenhagen. Dänemark schleifte die Mauer zwischen Hetero- und Homosexuellen, indem es «registrierte Partnerschaften» für Schwule und Lesben einführte. In den 90er Jahren zogen Norwegen, Schweden und Island mit ähnlichen Regelungen nach. 1998 und 1999 schufen auch Holland und Frankreich eheähnliche Pakte. Sie stehen homosexuellen wie heterosexuellen Paaren offen.

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