Die LSBK in den Jahresberichten der OKE

Wir sind immer wieder um Beiträge für die Jahresberichte unserer «Mutterkirche» angefragt worden.

Ein Schutzraum mitten in der Kirche

Der Verein und die Gottesdienstgemeinde «lesbische und schwule basiskirche» (lsbk) feiert im 26. Jahr in der Offenen Kirche Elisabethen regelmässig ökumenische Gottesdienste, mit Abendmahl oder Eucharistie. 

Die Gemeinde ist als selbstständiger Verein unter dem Dach der OKE organisiert.

Im ersten Jahrzehnt der OKE gab es neben der LSBK, die damals monatlich feierte, auch noch das Format der «Experimentellen Gottesdienste». Seit geraumer Zeit aber ist die LSBK die einzige, regelmässig unter dem Dach der Elisabethenkirche feiernde Gottesdienstgemeinde. Die Gottesdienste haben sich über die Jahre immer wieder verändert.

Zu Beginn und an internationalen Treffen waren es teilweise mehrere hundert Menschen.

Inzwischen denken sie sogar über homosexuelle Menschen hinaus auch an weiteres Publikum: «Da wir uns inklusiv verstehen, denken wir auch an Transpersonen und andere queer lebende Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung.

Diese unsere Offenheit passt natürlich sehr zur Offenen Kirche. Eine herzliche Offenheit auf beiden Seiten.

Von Anfang an. Dies gibt natürlich auch Menschen die Möglichkeit, zu kommen, die selber offen sind und die beispielsweise in eine Kirche mit fester Gemeinde nicht gehen würden.» Der Vorstand besteht derzeit aus zwei Frauen und drei Männern, die in verschiedenen Berufen und christlichen Traditionen heimisch sind.

Gott machte Kreuzerfahrungen – so auch Homosexuelle. Ihre geistliche Basis ist ihnen jedoch gemeinsam: «Wir glauben von der Menschwerdung Gottes durch die Kreuzsituation auf die Auferstehung hin. Das nimmt unsere unterschiedlichen, zum Teil auch schmerzhaften Erfahrungen in unserem Menschsein auf, ernst und an. Wenn zum Beispiel unsere Liebe nicht akzeptiert wird oder wir aufgrund eines nicht eindeutigen Mann- oder Frauseins im Aussehen oder Benehmen abgelehnt werden. Da machen viele von uns Kreuzerfahrungen und da ist es dann ein wirklich wertvoller Ort, das in einer Kirche feiern zu können, wo ja auch der Mensch gewordene Gott Kreuzerfahrungen gemacht hat, aber auch die Erfahrung der Auferstehung. Menschen gehen oft nach unseren Gottesdiensten sehr bestärkt und gestärkt nach Hause. Es sind wertvolle Momente sowohl für die, die die Feier vorbereiten, aber auch für die, die teilnehmen, und für das, was wir da teilen.»

Der OKE zu Deutlichkeit verhelfen

Die Vorstandsleute sagen mit genügend Selbstbewusstsein:

«Vielleicht verhelfen wir der OKE zu einem klaren Profil oder einem Statement gerade für LGBTs und queere Menschen.»

Etwas, was ich vor allem im letzten Jahr beobachtet habe und was ich als sehr schön empfinde, ist, dass wir jetzt vermehrt wieder die Möglichkeit für freie Fürbitten gegeben haben. Und schon während des Gottesdienstes oder auch danach kamen Leute mit wirklich schwierigen Themen, die sie persönlich betreffen, und wir als Gemeinde konnten trösten und mittrage. Die LSBK ist wie ein Gefäss, ein Schutzraum mitten in der Elisabethenkirche: Das sind für mich einfach sehr starke, schöne Momente. Darum hoffen die Vorstandsleute der LSBK natürlich, dass es diesen Raum im grossen Raum OKE noch lange gibt: Sie möge «immer noch und immer neu ein Ort sein, wo solches Treffen und Austauschen und gemeinsames Beten auch stattfinden kann.» Und die LSBK möge auch einen Weg oder eine Möglichkeit gefunden haben, «unseren Namen inklusive zu gestalten. Auch dass sich unsere Gemeinde weiterentwickelt, auch von den Fragestellungen her – die waren bei ihrer Gründung nicht die gleichen wie jetzt.» Eine andere aus dem Vorstand kann sich an eine Vorstandssitzung vor etwa 15 Jahren zurückerinnern, «da war die Überlegung einmal, daraufhin zu arbeiten, dass es uns nicht mehr braucht. Heute sieht das nicht so aus. Ob wir jedoch irgendwann in der OKE aufgehen, weil es keine spezielle Struktur mehr braucht, das weiss Gott allein.»

Frank Lorenz im Jahresbericht der OKE 2017


20 Jahre LSBK

Am 20. November 2011 feierten wir unser Jubiläum und erinnerten uns an die letzten 20 Jahre.

In der Zeit um 1990 entstanden überall Initiativen homosexueller Christinnen und Christen, die der vorherrschenden Theologie der «Homosexualität ist Sünde» ihren Glauben und ihr Bibelverständnis gegenüber stellten. So entstand auch in Basel die «lesbisch-schwule Basiskirche» unter dem Dach des gleichzeitig entstehenden Projekts «Offene Kirche». Wunsch und Ziel war es, regelmässige Gottesdienste für Lesben und Schwule durchzuführen. Der erste Gottesdienst wurde am 15. Dezember 1991 gefeiert.

18 Jahre lang feierten wir jeden Monat am Abend des 3. Sonntags unsere Gottesdienste, fast immer stand uns eine Pfarrerin, ein Pfarrer oder ein Priester für Abendmahl oder Eucharistie bei. Es entstanden Gottesdienste, über die man heute noch spricht! Es wurden neue Liturgien ausprobiert.

In dieser Zeit hat sich vieles verändert. In der Schweiz wurde das Partnerschaftsgesetz eingeführt, die reformierten Kirchen beider Basel erlauben jetzt Segnungsfeiern für gleichgeschlechtliche Paare. Und auch die LSBK hat sich verändert: Seit zwei Jahren werden Gottesdienste nicht mehr monatlich, sondern vierteljährlich gefeiert.

Urs Graf im Jahresbericht der OKE 2011


Teil der gelebten Vielfalt sein

Sehr oft habe ich in den vergangenen zwei Jahren vor unseren Gottesdiensten den Präsenzdienst abgelöst oder die Kirche überhaupt geöffnet. Während ich das Material herbei trage, Mikrophone aufstelle, manchmal Musik laufen lasse, Kaffee trinke habe ich Gelegenheit, die Besucherinnen und Besucher zu beobachten.

Touristen, die jedes Detail mit ihren Digitalkameras einfangen wollen, stille Leute, die einfach den Raum durchschreiten, Kerzen anzünden, sich hinsetzen. Kinder, die alles anschauen wollen, mir zuschauen und im nächsten Moment davon stieben um irgendwo wieder aufzutauchen.

Wissbegierige können die unglaublichsten Dinge fragen, andere können Geschichten erzählen oder genau erklären, wie die Welt zu sein hätte.

Und dann wieder Leute, die mich fragen, was ich denn vorbereite, um dann auf meine Antwort „den Gottesdienst der lesbischen und schwulen Gemeinde“ zu fragen „fein, darf ich auch mitmachen?“ Dann feiern sie mit, singen mit, und teilen das Abendmahl und stören sich nicht, in der Minderheit zu sein. Wobei – auch das ist Vielfalt – manch ein Gottesdienst wird von Schwulen, Lesben und Heteros im gleichen Masse besucht. Und keiner fragt, wer was ist. Es ist einfach nur Gottesdienst.

Urs im Jahresbericht der OKE 2009


15 Jahre LSBK «leise, aber präsent»

Seit Dezember 1991 feiern wir Gottesdienste in und für die lesbisch-schwule Community. Die letzten 12 Jahre in der «Offenen Kirche Elisabethen», unter deren Dach wir uns gestellt haben.

Aus einem Projekt, das anfangs in der Lage war zu polarisieren und Emotionen hochzuschaukeln, ist in dieser Zeit eine Gemeinde gewachsen, die allgemein respektiert wird und sich mit den christlichen lesbisch-schwulen Gemeinschaften Europas vernetzt hat.

Heute feiern wir jeden Monat einen Gottesdienst mit Abendmahl oder Eucharistie. Er wird von wechselnden Teams aus Laien und Pfarrer/innen oder Priestern vorbereitet. So entstehen immer wieder neue Formen, wechseln traditionelle und experimentelle. Wer mitfeiern will, ist immer herzlich willkommen, unabhängig von ihrer/seiner persönlichen Präferenz.

Als ökumenische Gemeinde wollen wir möglichst vielen Glaubenserfahrungen Platz geben, wohl wissend, dass verschiedene Formen des Bibelverständnisses einen Dialog über das gesamte christliche Spektrum schwierig machen. Auch im Wissen darum, dass es in dieser Welt immer noch Gegenden gibt, wo ein Bekenntnis zum eigenen Lesbisch- oder Schwulsein lebensgefährlich sein kann.

Urs Graf im Jahresbericht der OKE 2006


Ewald Merkelbach, 2005

Vor Jahren bemerkte ein Mann an einem Podiumsgespräch der LSBK, dass er auf eine Zukunft hoffe, in der eine LSBK nicht mehr nötig sei!

So weit sind wir noch nicht. Doch wir lassen deshalb den Kopf nicht hängen. Wir haben dazu überhaupt keinen Grund, denn das Leben hat uns im Jahre 2005 etwas besonders Schönes gebracht. Wir sind stolz, dass das Schweizer Stimmvolk das Partnerschaftsgesetz angenommen hat!

Das ist ein grosser Schritt vorwärts. Deshalb gehen wir mit Bedacht unseren Weg weiter, feiern Gottesdienst und betonen mit Ernsthaftigkeit und Selbstbewusstsein, dass da Einer ist, der uns schön findet, weil wir seine Geschöpfe sind. Diese Botschaft kann nicht oft genug gesagt werden. Und sie hat auch im vergangenen Jahr Frauen und Männer gestärkt, die mit uns unterwegs sind.

Ewald Merkelbach war damals Präsident der LSBK und schrieb dies im Jahresbericht der OKE


Ewald Merkelbach, 2002

Ein Netz, das wächst

Das Jahr 2002 stand ganz im Zeichen des zehnjährigen Jubiläums der Lesbischen und Schwulen Basiskirche. In dieser Zeit ist ein Netz entstanden, das viele hält und vieles zusammenhält. Mir persönlich ist die dichte und unmittelbare Spiritualität wichtig, die Lebendigkeit in den Gottesdiensten. Die Lesbische und Schwule Basiskirche erlebe ich als «Gemeinde der Auferstandenen».

Spiritualität teilen und mitteilen zieht sich als roter Faden durch das Jubiläumsjahr: Die Begegnung mit Schwulen und Lesben in Frankfurt am Main genauso wie die 20. Jahrestagung des «Forum Christlicher Lesben und Schwulengruppen Europas» an Auffahrt 2002 in Basel. Dieses Netzwerk umfasst mittlerweile rund 40 Gruppen aus über einem Dutzend europäischer Länder.

Innerhalb der Basiskirche hat sich neu eine lesbische Frauengruppe gefunden, die sich aktiv mit Gottesvorstellungen, Lesbisch sein und Glaube, Lesbisch sein im Arbeitsalltag und Kirchenerfahrungen beschäftigt.

Zu wissen, dass es in Basel eine Offene Kirche gibt, wo das Geschenk Gottes an die Menschen zu leben, so wie sie sind, zu lieben, so wie sie wollen, selbstverständlich ist, macht mir persönlich Mut. Das Netz wächst und wächst und die Maschen sind gut geknüpft. Das lässt mich zuversichtlich sein.


Ewald Merkelbach 2000

Gottesdienst als Event?

Ich freue mich auf jeden Gottesdienst der Lesbischen und Schwulen Basiskirche (LSBK); der dritte Sonntag im Monat, 18 Uhr, ist ein fester Termin in meinem Kalender und in jenem vieler anderer Frauen und Männer auch.

Jeder Gottesdienst ist eine Überraschung: Vorher wissen wir nie, was uns erwartet. Wir wissen nur, dass Geist, Seele und Leib angesprochen und in Bewegung gesetzt werden. Worte aus der Bibel bewegen uns, aber nicht in einer Predigt. Und nachher: Gespräche darüber, was wir gehört, was wir verstanden haben, was wir denken, was wir fühlen. Manchmal auch kreative Verarbeitung, manchmal ernst, manchmal mit Lachen.

Was wir immer tun, genau wie die christlichen Gemeinden seit Anbeginn der Kirchen: Abendmahl oder Eucharistie feiern. Das halten wir so, seit wir im Dezember 1991 zum ersten Mal unseren öffentlichen Gottesdienst feierten. Abendmahl und Eucharistie: Die Feier des Lebens, zutiefst sinnlich: Wir schmecken das Brot, wir kosten den Saft der Traube. Es hat seinen guten Grund, wenn es in der Abendmahlsliturgie heisst: Sehet und schmecket, wie köstlich der Herr ist.

Unser Gottesdienst ist ein Vergnügen. Unser Gottesdienst ist ein «Event»: Gott und Mensch an einem Tisch vereint.


Urs Mattmann 1997

Dornen und Rosen

Lesbische und Schwule Basiskirche: Im Laufe der letzten zwölf Monate setzten wir in der Öffentlichkeitsarbeit weitere neue Akzente.

Wir stellten einen professionellen Prospekt über die Lesbische und Schwule Basiskirche (LSBK) her, welcher auch in der Elisabethenkirche aufliegt und guten Zuspruch gefunden hat. Der Südwestfunk filmte einen Gottesdienst; Auszüge davon wurden im Sommer im ARD ausgestrahlt. Vermehrt luden wir auswärtige Chöre in den Gottesdienst ein, z.B. den Basler Schwulenchor «Fliedertafel», aber auch andere Chöre wie den Gospelchor Elisabethen, oder den «Polizeimännerchor beider Basel». Dies ist für mich eine fantasievolle und kreative Art, auch heterosexuelle Menschen in Kontakt mit der LSBK zu bringen. Im Weiteren finden immer mehr schwule Männer und lesbische Frauen aus anderen Städten den Weg zu uns, um sich über die LSBK zu in-formieren. Sie tragen sich mit dem Gedanken, an ihren Wohnorten (Wien, Innsbruck, Frankfurt, Köln) ähnliche Gottesdienste ins Leben zu rufen. So wirkt die LSBK und somit auch die OKE über die Stadt- und Landesgrenzen weit hinaus.

Die Vielfalt unserer Gottesdienste berührt mich. Der Gottesdienst vom Dezember 1997 ist mir noch ganz nah. Inspiriert vom Lied «Maria durch den Dornwald ging», lagen auf dem Altar Dornengestrüpp und Rosen. Die Dornen standen für das Schwere und Leidvolle im Leben, die Rosen für das, was blüht und aufbricht, für die Hoffnung. Die rund 60 Mitfeiernden hatten Zeit und Raum, sich zu beiden Themenkreisen Gedanken zu machen und ihre Erfahrungen mit Andern zu teilen. Später wurden Kerzen angezündet und im Abendmahl die Präsenz Christi gefeiert. Der Kelch des Heils stand inmitten der Dornen, das Brot des Lebens mitten in den Rosen.

In der LSBK haben die Dornen und die Rosen im Leben von Lesben und Schwulen Platz. Dornen können für die Erfahrung von Diskriminierung oder anderen schmerzlichen Erfahrungen im Bereich Kirche und Sexualität stehen. Rosen stehen für mich im Zusammenhang mit Homosexualität für das Schöne und das Potenzial dieser Seins- und Lebensweise. Für viele homosexuelle Menschen ist die LSBK ein wichtiger Teil in ihrem Lebensgarten geworden. Dornen haben Raum, Wunden können heilen. Rosen dürfen blühen, die Freude am Dasein in seiner Vielfalt darf wachsen.


Herzlichen Dank an das Sekretariat der OKE, Sabrina Balanquet Reyes!