Geschätzte Mitglieder der Lesbisch-Schwulen Basiskirche, Verehrte Anwesende
Ich darf an Ihrer Jubiläumsfeier als Vertreter der Römisch-katholischen Kirche ein paar Worte an Sie richten. 25 Jahre Lesbisch-Schwule Basiskirche:
1. Anerkennung und Respekt
Zunächst darf ich Ihnen meine Anerkennung und meinen Respekt bekunden: für Ihr Durchtragen und für Ihre sensible Glaubenssuche, für Ihre Glaubenserfahrungen. Ich erinnere mich an wertschätzende Worte unseres damaligen Dekans Hans Pfeifer, der in den Anfängen auch ab und zu Gottesdienste mit Ihrer Gemeinschaft feierte. Ich war damals Vikar, dann Pfarrer in St. Anton und eigentlich sehr weit entfernt von Ihrer Realität. Doch die Weise, wie Dekan Pfeifer über die „schwul-lesbische Basisgemeinde“ gesprochen hat, hat meinen Respekt bis heute grundgelegt.
2. Dank und Ermutigung
Es war sicher eine mutige Entscheidung damals. Ich darf Ihnen den Dank unserer Kirche aussprechen für diesen Mut und auch dafür, dass in schwierigen Momenten Personen aus Ihrer Mitte erstanden sind, die Verantwortung übernommen haben. Und ich möchte Sie ermutigen: Machen Sie weiter. Lassen Sie sich nicht entmutigen.
3. Haltung der Röm.-kath. Kirche
Ich will nicht verschweigen, dass es die Römisch-katholische Kirche den schwulen und lesbischen Katholiken nicht immer leicht gemacht hat. Es besteht die Spannung zwischen der Wertschätzung gegenüber den Personen mit homosexueller Orientierung und der Beurteilung von homosexuellen Handlungen als in sich nicht in Ordnung. Dazu kommen gewiss auch manche diffusen Ängste und Vorbehalte, denen Sie bei Menschen in unserer Kirche begegnen.
Gerade angesichts solcher Herausforderungen und Realitäten ermutige ich Sie, weiterzumachen in der Glaubenssuche und in der gemeinschaftlichen Feier des Glaubens.
Letztlich stehen wir Seite an Seite im Ringen um unsere Identität als Menschen und Christen, im Ringen um Integration unserer Affektivität in unsere Persönlichkeit und um Wahrhaftigkeit. Niemand kann von sich behaupten, in dieser Hinsicht anderen die Nase vorn zu haben.
Und ich darf Ihnen zum Schluss auch sagen, dass die Röm.-kath. Kirche in diesen Jahren kleine Akzentverschiebungen bei der Gewichtung von Lehre und Person vorgenommen hat. Papst Franziskus hat nicht nur den bekannten Ausspruch gemacht: „Wer bin ich, dass ich urteile?“ Er drängt auch dazu, dass sich die Kirche in Bewegung setzt. Und so finde ich als Ergebnissicherung in seinem Apostolischen Schreiben zum Abschluss des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit folgende bedeutsame Aussage, die ich Ihnen und uns allen gerne mit auf den Weg gebe:
„Die Barmherzigkeit kann nämlich im Leben der Kirche nicht blosser Einschub sein, sondern sie ist ihr eigentliches Leben, das die tiefe Wahrheit des Evangeliums deutlich und greifbar werden lässt. Alles wird in der Barmherzigkeit offenbart; alles wird in der barmherzigen Liebe des Vaters gelöst.“
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Christoph Sterkman
Gelesen am 18. Dezember 2016