Die meisten Gedichte waren Teil der «liturgischen Texte», das muss aber keine Einschränkung sein.
v-e-r-l-a-s-s-e-nder sich ganz auf gott verliess hängt am holz von gott verlassen der die gnade ist schreit im schmerz der gnaden-los der für liebe stritt stirbt von hass durchbohrt
Kurt Marti
immerwährende kreuzigungdogmen machen ihn dingfest herrschaft legt ihn aufs kreuz begriffe nageln ihn fest kirchen hissen ihn hoch
Kurt Marti SchöpfungIm Anfang war Gott, im Anfang die Quelle von allem, was ist, im Anfang die Sehnsucht: Gott. Gott – die stöhnende, Gott – die in Wehen liegende, Gott – die gebärende, Gott – die jubelnde, Gott, voller Liebe für ihr Geschöpf, sprach: Es ist gut Dann hielt Gott zärtlich die Erde im Arm, wissend, dass alles Gute geteilt sein will. Gott sehnte sich nach Verbundenheit. Gott wollte die gute Erde teilen mit andern, und die Menschheit ward geboren aus Gottes Verlangen. Wir wurden geboren, die Erde zu teilen.
Carter Heyward ParadiesDas Paradies ist Liebe. Jeder Liebende war für kurze Augenblicke im Paradies. Wer aber in der Liebe Gottes lebt, der lebt immer dort. Auch die menschliche Liebe ist ein schwacher Schimmer der Ewigkeit. Man sieht undeutlich die Ewigkeit durch die Flüchtigkeit hindurchscheinen.
Ernesto Cardenal EngelEs müssen nicht Männer mit Flügeln sein, die Engel. Sie gehen leise, sie müssen nicht schrein, oft sind sie alt und hässlich und klein, die Engel. Sie haben kein Schwert, kein weisses Gewand, die Engel. Vielleicht ist einer, der gibt dir die Hand, oder er wohnt neben dir, Wand an Wand, der Engel. Dem Hungernden hat er das Brot gebracht, der Engel. Dem Kranken hat er das Bett gemacht, er hört, wenn du ihn rufst, in der Nacht, der Engel. Er steht im Weg, und er sagt: Nein, der Engel, gross wie ein Pfahl und hart wie ein Stein – es müssen nicht Männer mit Flügeln sein, die Engel.
Rudolf Otto Wiemer Die LiebeDie Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig. Sie ereifert sich nicht, sie prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf. Sie handelt nicht ungehörig, sucht nicht ihren Vorteil, lässt sich nicht zum Zorn reizen, trägt das Böse nicht nach. Sie freut sich nicht über das Unrecht, sondern freut sich an der Wahrheit. Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand. Die Liebe hört niemals auf.
1. Kor 13:4-8 Washington for christ Gerade als wir losfuhren um vor dem weißen haus mit ein paar tausend leuten gegen die rüstung zu sprechen sagte der lautsprecher an der station daß einhunderttausend leute erwartet werden die washington für christus retten wollen die kinder vor homosexuellen lehrern schützen möchten und junge frauen vor entscheidungen über ihr eigenes leben Wir waren nur siebzehntausend kein lautsprecher nahm notiz von uns wir wollten nur über die kinder in den ghettos reden deren lehrer gefeuert werden bis die schulen funktionieren wie gefängnisse wir wollten über die reden die im gefängnis landen oder in der armee und über die arbeitsplätze die eine friedliche wirtschaft herstellt wir waren wenige und es goß in strömen den ganzen tag Wir müssen den niedergang der moral aufhalten sagte einer ihrer führer und den des militärs Als wir nach hause gingen sagte ein genosse zu mir mach dir nichts draus washington ist nicht für christus und wenn sie noch mehr radiostationen kaufen und die menschen erziehen sich selber zu hassen und andere Aber christus sag ich zu ihm stirbt gerade hier in washington
Dorothee Sölle 1981 Dem Revolutionär Jesus zum GeburtstagZweitausend Jahre sind es fast, seit du die Welt verlassen hast, du Opferlamm des Lebens! Du gabst den Armen ihren Gott. Du littest durch der Reichen Spott. Du tatest es vergebens! Du sahst Gewalt und Polizei. Du wolltest alle Menschen frei und Frieden auf der Erde. Du wusstest, wie das Elend tut und wolltest alle Menschen gut, damit es schöner werde! Du warst ein Revolutionär und machtest dir das Leben schwer mit Schiebern und Gelehrten. Du hast die Freiheit stets beschützt und doch den Menschen nichts genützt. Du kamst an die Verkehrten! Du kämpftest tapfer gegen sie und gegen Staat und Industrie und die gesamte Meute. Bis man an dir, weil nichts verfing, Justizmord, kurzerhand, beging. Es war genau wie heute. Die Menschen werden nicht gescheit. Am wenigsten die Christenheit, trotz allem Händefalten. Du hattest sie vergeblich lieb. Du starbst umsonst. Und alles blieb beim alten.
Erich Kästner BedeutungMein Vater frage mich: «Bist du schwul?» – «Spielt das eine Rolle?» Er sagte «Nein, spielt keine Rolle». – «Ja, ich bins.» «Weg mit dir aus meinem Leben», rief er. Ja, es spielte eine Rolle. Mein Chef fragte mich: «Bist du schwul?» – «Hätte das eine Bedeutung?» «Ehrlich gesagt, nein» sagte er. Daraufhin bejahte ich. «Weg von hier», rief er. Ich glaube, es hatte eine Bedeutung. Ein Freund fragte mich, ob ich schwul sei. – «Ist das wichtig?» «In keinster Weise», antwortete er. Vertrauend offenbarte ich mich also. «Nenne mich ja nicht ‹Dein Freund’», schrie er. Ja, es war wichtig. Mein Liebhaber fragt mich «Liebst du mich?» – «Bedeutet das etwas?» «Es bedeutet sehr viel», antwortete er. «Ja, ich liebe Dich.» Er nahm mich fest in die Arme. Zum ersten Mal in seinem Leben war ihm etwas wirklich von Bedeutung. Gott fragte mich: – «Magst du dich selbst?» «Spielt das vielleicht eine Rolle?», fragte ich. Gott sagte «Ja, sicher!» – «Wie könnte ich mich selber gernhaben, da ich schwul bin?» Und Gott antwortete mir: «Ich habe dich so gemacht.» Von da an gab’s nichts mehr, was mich gekümmert hätte.
anonym, bei «Step by Step Rhein-Ruhr» gefunden Maria – Mutter des Wortesmaria du mutter des wortes du hast das unerhörte wort gehört du hast es empfangen du hast das wort mit deinem herzblut genährt du hast mit dem wort in wehen gelegen du hast das wort ausgetragen du hast das wort geboren maria du mutter des wortes du hast das unerhörte wort gehört du hast das wort gedreht und gewendet du hast es gewogen du hast es erwogen du hast es keimen lassen du hast es wachsen lassen du hast es ruhen lassen umgeben mit einer mauer des glaubens des hoffens und der liebe du hast es durchgetragen das schwere wort das untragbare wort du hast gewartet bis es aufging das wort maria mutter des wortes du hast das wort das am anfang bei gott war gehört das erste wort das letzte wort du hast das wort am anfang gehört als das wort dich maria mutter nannte du hast dem wort auf die beine geholfen du hast es aus den windeln genommen du hast es entwickelt maria mutter des wortes du hast für das wort kaum ein ohr gefunden du standest mit dem wort auf der strasse du warst mit dem wort rechtlos du warst mit dem wort auf der flucht das wort war dein kind maria mutter de wortes du hingst an dem wort das wort hing an dir das menschlichste aller worte das göttlichste aller worte das wort ist dein kind maria mutter des wortes
Wilhelm Willms Der heilige Geist ist ein bunter Vogelder heilige geist er ist nicht schwarz er ist nicht blau er ist nicht rot er ist nicht gelb er ist nicht weiss
der heilige geist ist ein bunter vogel
er ist da wo einer den anderen trägt der heilige geist ist da wo die welt bunt ist wo das denken bunt ist wo das denken und reden und leben gut ist der heilige geist lässt sich nicht einsperren in katholische käfige nicht in evangelische käfige der heilige geist ist auch kein papagei der nachplappert was ihm vorgekaut wird auch keine dogmatische walze die alles platt walzt der heilige geist ist spontan er ist bunt sehr bunt und er duldet keine uniformen er liebt die phantasie er lebt das unberechenbare er ist selber unberechenbar
Wilhelm Willms