… das wünschen sich zumindest die Inhaber des «Virginity Pledge» (Jungfrauen-Schwur)-Ausweises. Diesen erhält mensch nach einem öffentlich geleisteten Eid, vor der Ehe keinen Geschlechtsverkehr (GV) zu betreiben. Die eigentümliche Aktion begann vor etwa zehn Jahren als örtliche Massnahme zur Hebung der Scheinheiligkeit, breitete sich aber in den USA aus, nachdem die Regierung Bush erkannte, dass dies eine preiswerte PR-Massnahme sei. Nebenbei sollte die Anzahl der lästigen Teenager-Schwangerschaften und Geschlechtskrankheiten sinken. Die konservativ Regierenden steckten alleine in den Jahren 2003 und 2004 allen Ernstes 168 Mio US-$ in die Förderung der Abstinence Only-Kampagne.
Sie lachen? Kann nicht klappen? Doch, doch: In einer 6-Jahres- Studie mit 12.000 befragten Heranwachsenden stellten die Kollegen Brückner (Yale) und Bearman (Columbia) fest, dass die Eingeschworenen 18 Monate später ihren ersten GV durchführen als deren verlotterte Peers. Bis zur Hochzeit warteten sie aber natürlich nicht.
Die GV-Verzögerung wäre ein kleiner, aber schöner Erfolg, gäbe es nicht den bitteren Tropfen der Geschlechtskrankheiten. Die sind nämlich seltsamerweise bei den angeblichen Jungfrauen und -männern fast ebenso stark verbreitet wie bei den Normalos. Dafür gibt es zwei lustige Gründe:
a) Die «Erst»-Partner der Jungfrauen und Männer passen nicht auf, denn der/die Andere hat ja geschworen, Jungfrau/-mann und damit porentief rein wie eine mit Scheuerpulver polierte Kachel zu sein. Tatsächlich haben die wegen ihrer vermeintlichen Abstinenz unaufgeklärten Kids (die daher nachweislich fast nie ein Kondom in der Tasche oder im Nachttisch haben) aber sehr wohl sexuelle Kontakte und verbreiten ihre gelegentlichen Keime somit ungeschützt.
b) Fängt sich ein Virgin Pledger eine Geschlechtskrankheit, dann besorgt er/sie sich aus Scham keine heilenden Medikamente. Es wäre in einem Kaff im Mittleren Westen auch schwer zu erklären, wo der Erreger herkommt. Selbst die in Grossstädten verbreitete «Kann das auch vom Toilettensitz kommen?»-Nummer zieht dort nicht.
Beobachtbare Folge: Je mehr verschworene Virgins in einer Gegend, desto höher ist dort die Anzahl jugendlicher Geschlechtskranker.
Ebenfalls verblüffend ist, dass die Teens verschiedener Ethnien in den USA jeweils verschiedene Raten an Feigwarzen, Tripper und Chlamydien haben: Asiaten und Hispanics um 8%, Schwarze um 19%, Weisse um 3%. Soziale Einflüsse wirken also wesentlich stärker als der öffentlich bekundete gute Wille.
Ig-Gesamt-Note: Feiern auch Sie mit, schöne Leserin und potenter Leser: Jedes Jahr am 13. Februar ist «Day of Purity». Die Kollegen Bearman und Brückner werden aber wohl nicht dabei sein – sie erholen sich mit ihrem von mir zumindest beantragten IgNobelpreis dann hoffentlich von den Strapazen der Befragung 12.000 pubertierender Lausebengels.
Mark Benecke
ist Mitherausgeber der Annals of Improbable Research, die in Cambridge (USA) jährlich den IgNobel-Preis verleihen.
Mit freundlicher Genehmigung des Autors, der Originaltext ist zu finden in seinem neuesten Buch «Lachende Wissenschaft»
Dazu fällt uns dies ein: