Wie die Liebe zu Gott damit beginnt, dass wir sein Wort hören…

Wie die Liebe zu Gott damit beginnt, dass wir sein Wort hören, so ist es der Anfang der Liebe zum Bruder, dass wir lernen, auf ihn zu hören. Es ist Gottes Liebe zu uns, das er uns nicht nur sein Wort gibt,  sondern uns auch sein Ohr leiht.

So ist es sein Werk, dass wir an unserem Bruder tun, wenn wir lernen, ihm zuzuhören. Christen, besonders Prediger, meinen so oft, sie müssten immer, wenn sie mit andern Menschen zusammen sind, etwas »bieten«, das sei ihr einziger Dienst. Sie vergessen, dass Zuhören ein grösserer Dienst sein kann als Reden.

Viele Menschen suchen ein Ohr, das ihnen zuhört, und sie finden es unter den Christen nicht, weil diese auch dort reden, wo sie hören sollten. Wer aber seinem Bruder nicht mehr zuhören kann, der wird auch bald Gott nicht mehr zuhören, sondern er wird auch vor Gott immer nur reden. Hier fängt der Tod des geistlichen Lebens an, und zuletzt bleibt nur noch das geistliche Geschwätz, die pfäffische Herablassung, die in frommen Worten erstickt. Wer nicht lange und geduldig zuhören kann, der wird am Andern immer vorbeireden und es selbst schliesslich gar nicht mehr merken. Wer meint, seine Zeit sei zu kostbar, als dass er sie mit Zuhören verbringen dürfte, der wird nie wirklich Zeit haben für Gott und den Bruder, sondern nur immer für sich selbst, für seine eigenen Worte und Pläne.

Dietrich Bonhoeffer
Quelle: Gemeinsames Leben/Das Gebetbuch der Bibel, DBW Band 5, Seite 82 f

Gefunden bei: Hossa-Talk 113