Inhaltsverzeichnis
Erster Teil: Heterosexismus und Homophobie von Kurt Wiesendanger
Zweiter Teil: Die lesbische Frau als Homosexuelle und als Frau in unserer Gesellschaft von Jacqueline Frossard
Heterosexismus und Homophobie
Trotz der Präsenz von schwulen Promi-Paaren in der Boulevardpresse: Auf breite Anerkennung durch die heterosexuelle Mehrheit können Schwule und Lesben noch immer nicht zählen. FSP-Psychologe Kurt Wiesendanger beschreibt, weshalb diese Ablehnung primär ein soziales Problem ist und wie sie, bewusst oder unbewusst, entsteht.
Es sind nicht die Lesben oder die Schwulen selbst, die in ihrem Erleben und Verhalten krank oder gestört sind. Selbstverständlich können gleichgeschlechtlich Empfindende, ebenso wie Heterosexuelle, das gesamte Spektrum psychischer Störungen entwickeln. Dies hat aber – mit Ausnahme der internalisierten Homophobie, welche im Folgenden noch eingehend diskutiert wird – nichts mit ihrer Sexualorientierung zu tun, sondern beruht auf anderen Ursachen. Hingegen müssen die verschiedenen Formen antihomosexueller Gewalt seitens der Gesellschaft als gestörte Verhaltensweisen bezeichnet werden, die ihrerseits Lesben und Schwule in ihrer Entfaltung teilweise massiv beeinträchtigen und unter denen sich sekundär psychische Störungen entwickeln können.
Überhöhte Hetero-Werte
Warum aber kommt es überhaupt dazu, dass ein Teil der Gesellschaft, der sich heterosexuell identifiziert, feindselig mit Andersfühlenden umgeht? Der Grund dafür liegt in einer unreflektierten, allgegenwärtigen Überhöhung von heterosexuellen Werten (Heterosexismus), die sich in destruktiven Verhaltensweisen gegenüber gleich-geschlechtlich Empfindenden (Homophobie) äussern kann.
So verstehen wir unter Heterosexismus ein gesellschaftliches und institutionalisiertes Denk- und Verhaltenssystem, das Heterosexualität anderen Formen sexueller Orientierung als überlegen einordnet. In unserer Kultur stellt Heterosexismus eine meist unreflektierte, omnipräsente Grösse gesellschaftlicher Umgangsform dar, in der von frühester Kindheit an (fast) alle Menschen aufwachsen und der sich kaum jemand entziehen kann. Homophobie bezeichnet sodann eine soziale, gegen Lesben und Schwule gerichtete Aversion, die vordergründig mit Emotionen der Abscheu und des Ärgers, tiefgründig und meist unbewusst hingegen mit Angst bezüglich der eigenen (unsicheren) sexuellen Identität einhergeht. Sie bildet die logische Konsequenz des heterosexistischen Weltbildes, das per definitionem einen Allgemeingültigkeitsanspruch einfordert.
Internalisierte Homophobie
Heterosexismus ist ein Thema, das sich gleichgeschlechtlich Empfindenden täglich stellt und – je nach Umfeld – mehr oder weniger stark ausgeprägt ist. Dabei wird ausschliesslich von heterosexuellen Standards ausgegangen. Niemand kann dem Heterosexismus ausweichen, weder heterosexuell Empfindende selbst noch Lesben und Schwule, wobei die Konsequenzen für Letztere natürlich tiefer greifend sind. Gleichgeschlechtlich Empfindende müssen sich dauernd damit auseinander setzen, dass sie der heterosexuellen Rollenerwartung nicht entsprechen. Vor einem Coming-out bedeutet dies eine stetige Aushöhlung der eigenen Identität, die in dieser Entwicklungsphase sowieso oft brüchig ist. So werden von Menschen aller sexuellen Orientierungen zwangsläufig, meist unbewusst und mit einer grossen Selbstverständlichkeit, heterosexistische Wertvorstellungen internalisiert, das heisst in den eigenen psychischen Innenraum aufgenommen. Bei Lesben und Schwulen wirkt sich dies besonders selbstdestruktiv aus, da diese Internalisierung ihrem psychischen Erleben schlichtweg widerspricht. In diesem Zusammenhang kann man bei Lesben und Schwulen vor einem Coming-out von alltäglich erlebten Minitraumata sprechen. Dies gilt insbesondere bei Äusserungen, die nicht «bloss» heterosexistisch, sondern im eigentlichen Sinne homophob sind, wenn also gleichgeschlechtlich Empfindende über das (durch den heterosexistischen Inhalt vermittelte) Nichtzugehörigkeitsgefühl zusätzlich abwertende Äusserungen vernehmen. Auf diese Weise kann es geschehen, dass Lesben und Schwule nicht nur heterosexistische, sondern darüber hinaus auch antihomosexuelle Werte internalisieren. Und genau dies stellt die Hauptproblematik im psychischen Erleben gleichgeschlechtlich Empfindender – vor allem vor einem Coming-out – dar.
Outen? Nicht outen?
Aber auch nach einem Coming-out sind unreflektierte heterosexistische Botschaften der Umgebung für Lesben und Schwule ein permanentes Problem. Es stellt sich nämlich für sie laufend die Frage, ob sie ihrem Gegenüber klarmachen wollen, dass sie dem eben geäusserten Bild nicht entsprechen, sich also «outen» wollen, oder ob sie nicht reagieren und die durch die Aussage verursachte Verletzung ihrer sexuellen Integrität wegstecken sollen. Gerade in Abhängigkeitsverhältnissen und Hierarchien, etwa am Arbeitsplatz oder in der Schule, ist der Umgang damit schwierig.
Homophobie ist in einigen zentralen Punkten durchaus mit anderen gesellschaftlich verankerten Problemen vergleichbar, so etwa mit Sexismus, Ethnozentrismus, Rassismus oder Antisemitismus. Auf eine ähnliche Art und Weise wie gleichgeschlechtlich Empfindende werden Andersfarbige oder Andersgläubige stigmatisiert, diskriminiert und verbal oder teilweise tätlich angegriffen
Angst und Abwehr
Aus tiefenpsychologischer Sicht handelt es sich bei Homophobie – wie bei Sexismus, Rassismus oder Antisemitismus – um eine meist unbewusste Angst, die eigene Identität in Frage zu stellen. Diese Angst hat hintergründig mit den angegriffenen Individuen bzw. Gruppen nichts zu tun, sondern verweist auf die Unsicherheiten der Aggressoren selbst. Denn bei allen vier Formen der Identität, nämlich bei der sexuellen Identität (Abwehrform: Homophobie), der Geschlechtsrollenidentität (Abwehrform: Sexismus), der kulturellen Identität (Abwehrform: Rassismus) und der religiösen Identität (Abwehrform beispielsweise Antisemitismus), handelt es sich um grundlegende Formen menschlicher Identität. Werden diese (meist unbewusst!) in Frage gestellt, wenden sie sich in Form von aggressiven Projektionen gegen die vermeintlichen Verursacher im Umfeld (Frauen, Lesben, Schwule, Bisexuelle, Juden, Muslime, Dunkelhäutige etc.).
So wird offensichtlich, dass Menschen, die Andersfühlende, Andersfarbige, Andersgläubige bzw. Menschen des anderen Geschlechts stigmatisieren und diskriminieren, ein grosses – meist unbewusstes und damit uneingestandenes – Problem mit ihrer eigenen Identität haben. In Bezug auf gleichgeschlechtlich Empfindende handelt es sich um eine Angst im Umgang mit der eigenen (hetero)sexuellen Identität. Die sozialen Auswirkungen dieser Angst (und diese Angst in Form von Unsicherheit in der eigenen sexuellen Identität ist das Problem bei Homophobie schlechthin!) zeigen sich auf besonders destruktive Weise und im Dienste der Abwehr möglicher homo- bzw. bisexueller Lebensalternativen in verschiedenen Formen antihomosexueller oder homophober Gewalt: Angefangen bei der täglich von Lesben und Schwulen erfahrenen «heterosexuellen Vorannahme» des sozialen Umfelds, reicht das Spektrum von unreflektierten Übernahmen heterosexistischer Werte, «lustigen» Lesben- und Schwulenwitzen über abwertende Äusserungen bis hin zu massiven Beschimpfungen und physischen Gewaltakten.
Gleichgeschlechtlich Empfindende tragen daher ein hohes Risiko, Opfer von manifester physischer Gewalt zu werden, wobei Lesben häufiger Opfer von ihnen (gut) bekannten Personen sind, während Schwule eher von fremden Tätern angegriffen werden. Dem «Schwulen-Klatschen» (Verprügeln) sind natürlich insbesondere diejenigen ausgesetzt, welche an Orten der so genannten «Szene» als Schwule erkennbar sind. Täter sind meist Gruppen von Jugendlichen oder jungen Erwachsenen, welche sich einen «Sport» daraus machen, ihre Opfer teilweise auf brutalste Weise zu misshandeln. Für ihr Tun haben sie keinerlei Schuldbewusstsein und legitimieren es mit faschistoiden, rechtsradikalen Haltungen, etwa derjenigen, das Land «von Perversen säubern» zu wollen. Auf psychischer Ebene existiert eine Vielzahl verschiedener Formen von Diskriminierungen, die unterschiedliche Auswirkungen auf die psychische Integrität von Lesben und Schwulen haben. Es sind einerseits Diskriminierungen, die auf dem Hintergrund einer heterosexistischen Umwelt eher unreflektiert ablaufen, andererseits aber auch Formen psychischer Gewaltanwendung, welche klar und vorsätzlich auf gleichgeschlechtlich Empfindende zielen.
Fremde Welt
Kindern, die sich lesbisch oder schwul entwickeln, wird von frühester Kindheit an eine Welt vorgeführt, die ausschliesslich von heterosexuellen Werten geprägt ist und in der sie sich folglich nicht beheimatet fühlen können. Sei es in ihrer Herkunftsfamilie, in der Schule, im beruflichen Alltag, in Filmen, im Theater, in Märchen, aber auch etwa in den Werbebotschaften der Print- und elektronischen Medien, dauernd werden Lesben und Schwule mit Lebensweisen konfrontiert, die ihren Bedürfnissen nicht entsprechen oder gar widersprechen. Und überall resultieren bei gleichgeschlechtlich Empfindenden bewusst wahrgenommene, aber auch unterschwellige, unbewusste psychische Belastungsreaktionen.
Je nach familiärem, sozialem und beruflichem Umfeld erleiden Lesben und Schwule mehr oder weniger offensichtliche Diskriminierungen. Besonders gravierend wirkt sich antihomosexuelle Gewalt auf Kinder und Jugendliche aus. Es braucht schon sehr viel Ich-Stärke, wenn es gelingen soll, Schimpfwörtern wie «du schwule Sau, du Lesbensau», die auch heute noch zu den vernichtendsten in unseren Schulen gehören, die Stirn zu bieten. Wahrscheinlicher ist eine Identifikation mit den Aggressoren, zumal diese Schimpfwörter (im Gegensatz etwa zu «Judensau») von Lehrpersonen oftmals stillschweigend toleriert werden. Und so kommt es zum unheilvollen Internalisieren homophober Einstellungen, die den tiefsten Gefühlen der eigenen homosexuellen Identität widersprechen. Unter Erwachsenen nehmen die Formen von Diskriminierungen in der Regel subtilere, verstecktere Formen an. Dabei handelt es sich meist um Anspielungen oder um «höfliche» emotionale Distanz. Allerdings reichen Diskriminierungsformen auch in unserer «aufgeklärten Zeit» noch bis hin zu Mobbing, Übergangenwerden bei Beförderungen oder gar Entlassungen.
Schwul ist cool …
Schwulsein – und in weniger ausgeprägtem Mass Lesbischsein – ist in den letzten Jahren zum Modethema avanciert. Selbst die Boulevardpresse rührt heute Grossmütterherzen zu Tränen, wenn sich Promis wie Aeschbi oder Patrick Lindner in Homestories outen.
Hat die Gesellschaft also antihomosexuelle Gewalt überwunden? Ist Homophobie demnach Schnee von gestern? Ist es obsolet geworden, speziell darauf hinzuweisen? Ich befürchte: Nein. Bei allem Positiven, das hinter einer breiten und in Ansätzen wohlwollenden Thematisierung von Homosexualität steckt, bei allem, was die vordergründige Enttabuisierung von Homosexualität verspricht, glaube ich nicht, dass sie auf einer tieferen Schicht ihre Verheissungen einzulösen vermag. Häufig entpuppt sich nämlich die viel gepriesene Toleranz als Trendopportunismus, und «politisch korrekte» Lippenbekenntnisse werden zu Worthülsen, wenn es darum geht, den guten Willen an wirklicher Akzeptanz und Wertschätzung zu messen. Die Geschichte der Frauenemanzipation, bei weitem noch nicht abgeschlossen und schon wesentlich älter, lässt grüssen, wobei die Einforderung der gleichen Rechte von Lesben und Schwulen offenbar noch einmal brisanter ist; die juristischen Gleichstellungsbemühungen bilden bloss die Spitze des gesellschaftlichen Eisbergs.
Die lesbische Frau als Homosexuelle und als Frau in unserer Gesellschaft
Auch die lesbische Frau ist Heterosexismus und Homophobie ausgesetzt. Der Status als Frau in der Gesellschaft prägt aber zusätzlich den Umgang mit «der Lesbe», schreibt die Basler FSP-Fachpsychologin Jacqueline Frossard
Lesbische Frauen gelten nicht selten auch heute noch als vermännlicht, das heisst, in vielen Vorstellungen über Lesben verfügt diese Frau nicht ausreichend über die zwar geliebten, aber wenig anerkannten so genannten weiblichen Qualitäten, was zunächst als eher unsympathisch gilt. Umgekehrt wird auch heute noch den schwulen Männern nicht selten ein Stück Männlichkeit abgesprochen, was wiederum ihren Sympathiewert eher steigert, vor allem bei Frauen. Die von Kurt Wiesendanger beschriebenen, angesichts von schwulen Promis wie Äschbi oder Patrick Linder zu Tränen gerührten Grossmütter sind im Zusammenhang mit lesbischen Frauen nicht vorstellbar. Aber auch von männlicher Seite her erhalten lesbische Frauen keinen Sympathiebonus, im Gegenteil: Als Sexualobjekt abgelehnt und als Frau, die sich nicht für Männer attraktiv macht, stösst die lesbische Frau bei Männern oftmals auf Ablehnung oder dann auf ein lüsternes Interesse, das eher geneigt ist, die lesbische Frau zu erniedrigen oder zu beleidigen. Lesbische Frauen, insbesondere, wenn sie unabhängig, gut gebildet und beruflich engagiert sind, werden von Männern oftmals auch als Konkurrenz empfunden, wobei die Homosexualität nicht selten dazu benutzt wird, die Konkurrentin zu diffamieren. Leider gelingt dies an manchen Orten auch heute noch.
Verhöhnt
Lange Zeit wurde (und wird zum Teil auch heute noch) die lesbische Frau mit der lange verhöhnten weiblichen Emanzipationsbewegung in Verbindung gebracht. Lesben wurden als Emanzen beschrieben, die Männer ablehnen (und nicht als Frauen, die Frauen begehren), während den als Emanzen bezeichneten Frauen unterstellt wurde, sie seien eigentlich Lesben, und damit wiederum grundsätzlich gegen Männer eingestellt. Diese Interpretation ist geeignet, beides, das berechtigte Anliegen auf Gleichberechtigung und dasjenige auf ein freies Leben in der eigenen sexuellen Orientierung, zu pathologisieren, ins Lächerliche zu ziehen oder anderweitig für ungültig zu erklären. Lesbische Frauen litten lange unter dieser mit einem Double-bind zu vergleichenden Situation. Sie hatten kaum die Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen, da sie sowohl als Lesbe als auch als auf Selbstbestimmung Wert legende Frau Gefahr liefen, auf äussert verletzende Art diffamiert zu werden. Dieser Umstand und der dadurch bedingte Rückzug lesbischer Frauen führte dazu, dass diese, im Gegensatz zu schwulen Männern, kaum wahrgenommen wurden. Die grundsätzlich geringer eingestufte Wichtigkeit der Frau trug und trägt auch heute noch (zusätzlich) dazu bei, dass in Berichten über Homosexualität oft nur von Männern die Rede war bzw. auch heute noch ist. Ältere Schriften über Homosexualität beschreiben nur Männer, und lange Zeit galt gar die Ansicht, dass es weibliche Homosexualität gar nicht gibt. Auch heute fällt immer wieder auf, dass unter der Überschrift «Homosexualität» weitgehend nur von der männlichen Form berichtet wird.
Die in manchen Ländern eingeführte neue Rechtsform für homosexuelle Paare wird oftmals «Schwulenehe» genannt, obwohl sie für Lesben genauso gilt, offizielle Schwulen- und Lesbenkundgebungen werden in den Medien regelmässig als «Schwulendemo» bezeichnet. In der Presse erscheinen Bilder von möglichst aufwändig maskierten Männern, der «gewöhnliche Schwule» erscheint nur am Rande, die lesbische Frau meist überhaupt nicht.
Bevorzugung? Diskriminierung!
Diese Negierung der lesbischen Frau wird oft, unter dem Hinweis, dass lesbische Frauen vor Diskriminierung mehr geschützt seien, mit bevorzugter Behandlung verwechselt. Dieser angebliche Schutz zum Preis der Nichtexistenz stellt aber eine weitere Form der Diskriminierung dar: Die lesbische Frau ist vor Diskriminierung geschützt, solange sie nicht das ist, was sie ist. Homophobie wird unter diesen Umständen gefördert: Sowohl bei der lesbischen Frau (weil man sich von der lesbischen Frau kein Bild machen kann, sehr vieles dadurch in sie projiziert werden kann und auch wird, die lesbische Frau also kaum die Chance hat, zu etwas Alltäglichem zu werden) als auch in der Gesellschaft, weil sich die Gesellschaft unter diesen Umständen mit der lesbischen Frau gar nicht befasst, diese also weiterhin als rätselhaft und damit als unheimlich gilt.
Wie alle Frauen verfügen auch lesbische Frauen weitgehend über weniger gesellschaftliche Netzwerke und über weniger Einkommen als Männer. Vielleicht hat auch das dazu geführt, dass es für schwule Männer in jeder grösseren Stadt ein recht umfangreiches Angebot an einschlägigen Treffpunkten gibt, während selbst in grossen Städten das Angebot für lesbische Frauen äusserst klein ist. Für Frauen fehlen damit gerade die Strukturen, die für die dringend notwendige Bildung eines Zusammengehörigkeitsgefühls und einer lesbischen Identität sehr hilfreich und wertvoll wären. Orte der Begegnung, an welchen die lesbische Frau für einmal in der Mehrheit und nicht in der Minderheit ist, stärken das Selbstwertgefühl, geben der lesbischen Orientierung etwas Alltägliches und bieten die Gelegenheit, lesbenspezifische Themen im geschütztem Raum zu besprechen. Schade, dass solche Einrichtungen so selten sind. Sie würden auch dazu beitragen, die lesbische Frau nach aussen sichtbar zu machen. Die heute weitgehend unsichtbare und damit vielleicht auch etwas rätselhaft anmutende Lesbe bietet sehr viel Projektionsfläche – Clichévorstellungen können so nur schwer abgebaut werden.
Doch trotz aller Schwierigkeiten soll nicht übersehen werden, dass in relativ wenigen Jahren ein grosses Umdenken in der Gesellschaft stattgefunden hat. Viele Lesben fühlen sich heute in ihrer Lebensweise wohl. Sie geniessen ihre Autonomie, führen meist egalitärere Beziehungen mit weitaus weniger Rollenkonflikten als heterosexuelle Frauen und freuen sich über ein oft gut funktionierendes Beziehungsnetz mit anderen Frauen.
Aus «Psychoscope 2/2002» mit freundlicher Genehmigung der AutorInnen